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Scheinselbständigkeit bei Freiberuflern: Kriterien & Checklist

Sie sehen sich als Selbstständiger mit dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit konfrontiert? Dann interessiert im ersten Schritt, ob sich diese Anschuldigung auf die Auftragsannahme oder Auftragsvergabe bezieht. Selbstständige können als Scheinselbstständige arbeiten oder Scheinselbstständige beschäftigen.
Inhaltsübersicht

In beiden Fällen hat das gravierende Konsequenzen. Auftraggeber müssen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, steuerrechtliche Herausforderungen entstehen ebenfalls. Auch Auftragnehmer müssen mit diversen negativen Folgen rechnen.

 

Doch betrifft dieses Thema Freiberufler überhaupt? Viele verbinden die Problematik der Scheinselbstständigkeit ausschließlich mit Gewerbetreibenden. Dabei handelt es sich um einen Irrtum:

 

Die Scheinselbstständigkeit stellt für alle Selbstständigen ein potenzielles Risiko dar! Es kommt bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden gleichermaßen auf die konkrete Berufsausübung und auf Faktoren wie die Anzahl an Auftraggebern an. Pauschale Bewertungen gibt es nicht – jeder Einzelfall erfordert eine individuelle Prüfung. Lassen Sie sich am besten von erfahrenen Steuerexperten beraten!

 

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Was ist Scheinselbstständigkeit?

 

Bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen stemmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge: für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Im Verhältnis zwischen Auftraggebern und Selbstständigen entfällt diese Pflicht. Freiberufler erhalten zum Beispiel keinen Lohn, sie vereinbaren eine Vergütung für ihre Dienstleistung. 

 

Den jeweiligen Betrag verbuchen sie als Einnahme – Steuern zahlen sie nur, wenn sie am Ende des Geschäftsjahres einen Gewinn aufweisen. Um die Absicherung gegen Krankheit, Altersarmut und weitere Risiken müssen sie sich unabhängig davon kümmern.

 

Die Sozialversicherungsbeiträge bei Angestellten sind für alle Beteiligten eine relevante finanzielle Belastung: Das kann zur Scheinselbstständigkeit verleiten. Unternehmen stellen Mitarbeiter nicht an, sie vergeben Aufträge an Selbstständige. Auf diese Weise sparen sie sich die Beiträge zur Sozialversicherung. 

 

Grundsätzlich ist das möglich, sofern die Auftragnehmer tatsächlich als Selbstständige agieren. Das ist häufig nicht der Fall: Stattdessen liegt eine Scheinselbstständigkeit vor. Angeblich Selbstständige arbeiten wie Angestellte.

 

 

Deutsche Rentenversicherung als Prüfstelle

 

Liegt Scheinselbstständigkeit vor? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Deutsche Rentenversicherung Bund als Sozialversicherungsträger. Die Rentenversicherung ist in Deutschland für die entsprechenden Kontrollen zuständig.

 

Anhaltspunkte für Scheinselbstständigkeit

 

Die Sozialversicherungsträger haben ein großes Interesse daran, diese Formen der Scheinselbstständigkeit zu verhindern. Aus nachvollziehbaren Gründen wollen sie möglichst viel Geld einnehmen: Die Selbstständigkeit zum Schein gefährdet ihre Finanzierungsgrundlage. 

 

Doch unter welchen Umständen handelt es sich um eine verbotene Scheinselbstständigkeit? Diese Frage lässt sich nicht leicht beantworten. Es existieren keine harten Kriterien, stattdessen erfolgt anhand diverser Anhaltspunkte eine Bewertung des Einzelfalls. Folgende Aspekte spielen hierbei eine Rolle:

 

– Entscheidungsfreiheit versus Weisungsgebundenheit: Selbstständige arbeiten weitgehend eigenverantwortlich, während Angestellte Weisungen befolgen.

– Betriebsorganisation: Freiberufler setzen eigene Arbeitsmittel ein und gestalten ihren Arbeitsalltag selbst. Scheinselbstständige nutzen dagegen die Arbeitsmittel ihres Auftraggebers und sind größtenteils in die Betriebsorganisation eingebunden.

– Ausmaß der Abhängigkeit: Erwirtschaften Selbstständige dauerhaft mindestens fünf Sechstel ihres Umsatzes mit einem Auftraggeber, unterstellt die Rentenversicherung Scheinselbstständigkeit.

 

Ausnahme für Existenzgründer

 

Es ist in Ausnahmefällen möglich, sich als Selbstständiger mit nur einem Auftraggeber einstufen zu lassen. Dann fallen allerdings Rentenversicherungsbeiträge an. Existenzgründer können sich von dieser Zahlungspflicht drei Jahre lang befreien lassen: Erörtern Sie diese Option im Rahmen einer Existenzgründungsberatung mit Ihren Spezialisten von der Guhr Steuerberatung!

 

Gravierende Folgen bei Scheinselbstständigkeit

 

Die Rentenversicherung untersucht eine mögliche Scheinselbstständigkeit im Rahmen von Betriebsprüfungen. Stellt sie diese fest, fordert sie die Sozialversicherungsbeiträge nach. Diese Forderung richtet sie gegen die Auftraggeber. Als Gesamtschuldner müssen diese den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag nachzahlen. Hierbei handelt sich im Regelfall um eine beträchtliche Summe. Wenn Sie als Freiberufler Scheinselbstständige beschäftigt haben, kann diese Nachforderung zur Zahlungsunfähigkeit führen.

 

Sie haben als freiberuflicher Auftragnehmer gearbeitet? Die gute Nachricht ist, dass Sie gewöhnlich nicht für die Sozialversicherungsbeiträge aufkommen müssen. Sie profitieren von dieser nachträglichen Einordnung als Arbeitnehmer sogar, weil sie dadurch Rentenansprüche erhalten. Bei einer umfassenden Betrachtung sollten Sie diese Situation dennoch meiden. Es drohen vielfältige Schwierigkeiten:

 

– Laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (26.06.2019, 5 AZR 178/18) können Auftraggeber gezahlte Vergütungen teilweise zurückfordern. Als Scheinselbstständiger haben Sie nur Anspruch auf den Lohn, nicht auf die meist höhere Vergütung. Die Differenz müssen Sie erstatten.

 

– Eventuell überarbeitet das Finanzamt die Steuerbescheide der letzten Jahre. Das führt zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand und eventuell Mehrkosten.

 

– Sie können Ihren selbstständigen und freiberuflichen Status verlieren: Das wirkt sich auf Ihr gesamtes Wirtschafts- und Arbeitsmodell aus.

 

Scheinselbstständigkeit meiden: Diese Checkliste hilft

 

Ob als Existenzgründer oder als etablierter Selbstständiger: Sie sollten in jeder Phase Ihrer Selbstständigkeit kontrollieren, ob Sie sich in die Gefahr der Scheinselbstständigkeit begeben.

 

In Ihrer Rolle als Auftragnehmer sollten Sie die folgende Checkliste beherzigen:

 

– diverse Auftraggeber: Gewinnen Sie bestenfalls mehrere Kunden. So entgehen Sie der Gefahr der Abhängigkeit.

 

– Organisation der Arbeit: Achten Sie darauf, dass Sie tatsächlich selbstständig arbeiten. Das bedeutet, dass Sie bei der Erledigung von Aufträgen die meisten Entscheidungen selbst treffen.

 

– Einsatz von Kapital und Arbeitsmitteln: Bringen Sie eigene Ressourcen ein!

– Marketing: Werben Sie mit Homepages, Broschüren und ähnlichem öffentlich um Kunden! Damit zeigen Sie, dass Sie sich als Selbstständiger um weitere Auftraggeber bemühen.

 

– Statusfeststellung: Bei Zweifeln gibt es mit dem Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung eine Möglichkeit, Rechtssicherheit herzustellen. Die Rentenversicherung gibt verbindlich darüber Auskunft, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Mit diesem Verfahren meiden Sie alle negative Folgen, die bei einer nachträglichen Feststellung der Scheinselbstständigkeit drohen.

 

Freiberufler als Auftraggeber oder Arbeitgeber

 

Ihr Betrieb wächst und Sie denken über eine Geschäftserweiterung nach? Sie überlegen, eigene Mitarbeiter anzustellen oder Aufgaben umfangreich an freie Mitarbeiter auszulagern? Denken Sie an das Risiko der Scheinselbstständigkeit. Fragen Sie Ihre Guhr Steuerberatung um Rat!

 

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Das Problem der Scheinselbstständigkeit proaktiv angehen

 

Wenn die Rentenversicherung aufgrund von Scheinselbstständigkeit interveniert, bedeutet das für alle Beteiligten eine missliche Situation. Verhindern Sie dies präventiv: Ihre Experten von der Guhr Steuerberatung analysieren die individuellen Umstände und zeigen Ihnen auf, wie Sie den Vorwurf der Scheinselbstständigkeit im Vorhinein ausschließen.

 

Kann man als Freiberufler scheinselbständig sein?

Besonders verbreitet ist der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit im gewerblichen Sektor. Typische Beispiele sind Berufe in der Gastronomie und in der Baubranche. Dennoch gibt es diese Problematik auch bei Freiberuflern. Wenn ein Freiberufler nur für einen Auftraggeber arbeitet, schaltet sich die Rentenversicherung ebenfalls ein. Auch hier kann sie gegebenenfalls auf fundierter Basis behaupten, dass die angebliche Selbstständigkeit nur der Kostenersparnis dient. Kontaktieren Sie Ihre Guhr Steuerberatung, wenn Sie sich mit einem solchen Vorwurf auseinandersetzen müssen!

Wann ist ein Freiberufler scheinselbständig?

Das hängt von den konkreten Umständen ab. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist eine zu große Abhängigkeit von einem Auftraggeber. Die Rentenversicherung wird misstrauisch, wenn Freiberufler mit einem Kunden einen Umsatz von über fünf Sechstel seines Gesamtumsatzes erzielt. Darüber hinaus interessiert die Organisation der Arbeit. Scheinselbstständige verfügen über zu wenig oder gar keine Entscheidungsfreiheiten, während Selbstständige ihre Aufgaben größtenteils eigenverantwortlich erledigen.

Wann gilt man als scheinselbstständig?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Die zuständigen Sozialversicherungsträger prüfen jeden Fall einzeln. Grundsätzlich kommt es darauf an, dass Selbstständige nicht ausschließlich von einem Auftraggeber abhängig sind. Zudem müssen sie ihre Aufgaben eigenständig erfüllen. Konkret bedeutet das: Sie agieren zumindest in einem gewissen Maß eigenverantwortlich und tragen ein unternehmerisches Risiko.

Was ist der Unterschied zwischen Selbständigkeit und Freiberufler?

Bei freiberuflichen Tätigkeiten handelt es sich um eine Unterform der Selbstständigkeit. Eine weitere Unterkategorie bilden Gewerbetreibende. Beim Gang in die Selbstständigkeit fragt sich deshalb, ob das Finanzamt den Betrieb als freiberuflich oder gewerbetreibend einstuft. Freiberufler genießen diverse Vorteile, sie zahlen zum Beispiel keine Gewerbesteuer. Bei beiden Varianten ist aber wichtig, dass grundsätzlich eine selbstständige Tätigkeit vorliegt. Bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden kann der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit entstehen.

 

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