In einem lang erwarteten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Zinsen von 6 % jährlich / 0,5% pro Monat für Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig sind.
Rechtlicher Hintergrund der Verzinsung nach § 233a AO
In §233a AO wird die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen geregelt. Es gilt der Grundsatz der Vollverzinsung, d.h. die Verzinsung betrifft den Zeitraum zwischen Entstehung der Steuer und Ihrer Festsetzung (in der Regel durch den Steuerbescheid). Zinsen entstehen jedoch erst nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von 15 Monaten.
D.h. von der Vollverzinsung betroffen sind damit lediglich Steuerpflichtige, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit erstmalig festgesetzt oder geändert wird.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Das BVerfG sieht in der Verzinsung von monatlich 0,5% Zinsen eine Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, deren Steuer nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit festgesetzt wird. Hintergrund hierfür ist der Gegensatz des anhaltenden Niedrigzinsniveaus gegenüber der 6%-Jahresverzinsung durch die Finanzverwaltung.
Das BVerfG sieht diese Ungleichbehandlung für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2013 noch als verfassungsgemäß an. Ab 2014 sind damit die Zinsen auf Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig.
Gleichzeitig erklärt das BVerfG das bisherige Recht für weiterhin anwendbar für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume. Erst für spätere Verzinsungszeiträume kommt eine Weitergeltung der bisherigen Rechtslage nicht in Betracht.
Der Gesetzgeber wurde des Weiteren verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine Neuregelung zu beschließen.
Fazit
Für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2013 gilt, dass sie von der Verfassungswidrigkeit nicht betroffen sind. Eventuell eingelegte Einsprüche werden wohl zurückgewiesen werden.
Die Verzinsungszeiträume 2014 bis einschließlich 2018 sind zwar verfassungswidrig, die bisherige Rechtslage gilt jedoch als weiterhin anwendbar. Auch hier muss mit Abweisung der Einsprüche und der Aufhebung der Vorläufigkeit gerechnet werden.
Erst für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 gilt die festgestellte Verfassungswidrigkeit. D.h. insbesondere bei Steuerfestsetzungen ab 2019 ist darauf zu achten, dass gegen den Zinsbescheid Einspruch eingelegt werden oder die Festsetzung vorläufig hinsichtlich der Zinshöhe erfolgt ist.